Anoraque – Dare: Auf der Achterbahnfahrt der Klänge

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Anoraque © Matthias Willi 2018
Anoraque © Matthias Willi 2018

Ihr Debütalbum zeigt Konzept und ein Flair für die Zahl 4. Die Rede ist natürlich von Anoraque, dem Quartett mit Wurzeln in Deutschland und der Schweiz. Mit Dare gelingt es der Band, sich jeder stilistischen Schubladisierung erfolgreich zu entziehen: Ihr Werk wirbelt mit Elementen aus Grunge, Indie- und Dream-Pop, aber auch mit Noise oder TripHop. Das könnte beliebig klingen, doch das Album vermag stattdessen immer wieder zu erstaunen.

Album Review / RegioSoundCredit

Nach je einer EP und Single präsentieren Anoraque jetzt nicht bloss ein Album, sondern gleich eins mit Konzept. «Für uns ging es in erster Linie darum, ein Album zu machen, dass am Ende nicht nur eine Ansammlung einzelner Stücke ist», erklärt Gitarrist und Sänger Valentin Hebel im Interview. Zusammen mit Leadsängerin Lorraine Dinkel, Bassist Hagen Neye und Schlagzeuger Jan Schwinning bildet er die Band Anoraque.

Die Band mit Wurzeln in Deutschland und der Schweiz wurde in Basel gegründet, wo die Mitglieder einst auch alle wohnhaft waren. Mittlerweile hat sich das Ganze jedoch wieder zerstreut. «Jetzt sind wir in Basel, Genf und Hamburg – aber wenn wir uns zu viert treffen, dann ist Basel schon die Homebase, immer noch.»

Anoraque-Dare-2017-Cover

4 Seiten zu 4 Songs auf dem Album mit 4 Buchstaben: DARE

Doch zurück zum neuen, ausschliesslich digital erhältlichen Werk. Dieses umfasst vier Seiten mit je vier Songs und zeigt auch einen Titel mit vier Buchstaben: Dare. Kommt hinzu, dass die Songs binnen vier Wochen geschrieben und aufgezeichnet worden sind. Man ahnt es: Dahinter steckt ein Konzept. «Wir wollten ein Album, das ähnlich eines Theaterstückes in vier Akten funktioniert.»

Im Vergleich zur EP Disturbing Grace (2016) wirken Anoraque weniger kopflastig und auch weniger aggressiv. «Beim Klang legten wir grossen Wert darauf, dass alles wie aus einem Guss klingt», so Hebel. Im Kern ihres Sounds steht weiterhin das Zusammenwirken aus Drums, Bass und zwei Gitarren, wozu sich der schleppende Gesang von Lorraine Dinkel gesellt. «Allerdings haben wir auch viel mit Tasteninstrumenten, Elektronik und Drumcomputern herumgespielt.» Das Ergebnis lässt sich hören, mehr noch: Es weiss zu faszinieren. Und das, obschon die Songs von Anoraque verlangen, dass man auf sie zugeht und sich auf sie einlässt.

Von elegant und feinsinnig bis widerborstig und laut

Ein Effort, der sich bezahlt macht. Dies, weil die Formation auf eine Klangreise mitnimmt, die zwar bisweilen kratzt und beisst, sich aber als spannend und abwechslungsreich erweist. Während der Opener «Peaks» mit angriffigen Rhythmen auf die sich anbahnende Melancholie reagiert, entpuppt sich das anschliessende «Outside Us» als elegant und feinsinnig. Tracks wie das kribblige «Uh-Oh» oder das bassbetonte und zusehends düstere «Using You» knüpfen hingegen an die früheren Arbeiten von Anoraque an. Und mit «Monotony» scheint man sich vor Portishead und deren Trip Hop zu verneigen.

Zum funkelnden Mix von Anoraque gehören aber auch Balladen, Widerborstiges und selbst Grunge und Noise. Dadurch wird klar: Ihre Musik, die von Missverständnissen, Kindheitsträumen oder gleichgeschlechtlichen Beziehungen erzählt, will sich nicht festnageln lassen. Wodurch Dare einer wohl konzipierten Achterbahnfahrt gleichkommt, die immer wieder erstaunt und nie enttäuscht.

Die Chancen, Anoraque mit ihrem neuen Material demnächst live sehen zu können, stehen nicht allzu gut, räumt Valentin Hebel ein: «Irgendwie ist der Gedanke auch sehr schön, dass dieses Album wirklich eine Momentaufnahme von vier Wochen ist, wir diese so stehen lassen – und uns als nächstes anderen Dingen zuwenden.» Das wäre zwar schade, aber: Die vorliegende Momentaufnahme von Anoraque wird auch so noch lange nachhallen.

Anoraque – Dare (Cover)
Anoraque – Dare (Cover)

Anoraque – Dare

(Eigenverlag/Radicalis) ist am 9. November 2018 ausschliesslich digital mit einem Beitrag des RegioSoundCredit des RFV Basel erschienen: Erhältlich als Download bei Bandcamp, pay as you like.

Link zu Bandcamp in der Band-App unten.